SOS-Pferdehilfe: Ehrenamtlicher Tierschutz im Einsatz

SOS-Pferdehilfe
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Domestizierte Pferde können sich im Gegensatz zu ihren wilden Verwandten nicht selbständig um die Erfüllung ihrer grundlegenden Bedürfnisse kümmern und sind dabei auf uns Menschen angewiesen. Nicht immer klappt die artgerechte Versorgung so, wie es für das Wohlergehen der Tiere nötig wäre. Ein Grund für ehrenamtliche Helfer, sich aktiv für den Tierschutz einzusetzen.

Was verbirgt sich hinter der SOS-Pferdehilfe?

Hinter dem Begriff steht ein Verbund von Vereinen, die sich für das Wohlergehen von Pferden und artgerechten Tierschutz der prächtigen Huftiere engagieren. Unter dem Schirm von SOS-Pferdehilfe setzen sich tausende ehrenamtliche Mitarbeiter aktiv für den Tierschutz ein. Der Name ist in diesem Fall Programm. Der erste Namensteil, SOS, kommt aus der Seefahrt und bezieht sich auf den gefunkten oder gemorsten Notruf „save our souls“, den Schiffe absenden, wenn der Untergang droht und die Besatzung in Lebensgefahr schwebt. Damit sollen die Dringlichkeit der Lage und die Notwendigkeit rascher Hilfe verdeutlicht werden. Der zweite Namensteil kommuniziert das Vereinsziel, die Unterstützung von Pferden.

Die gemeinnützigen Vereine im Verband von SOS-Pferdehilfe verfolgen das Ziel, Pferde, die Hilfe benötigen, aufzunehmen und zu pflegen. Zahlreiche dieser Vereine unterhalten eigene Stallungen, in denen die Tiere nicht nur mit Futter und Wasser versorgt werden, sondern auch genügend Auslauf genießen können. Die ehrenamtlichen Helfer kümmern sich um das physische und psychische Wohlergehen der Vierbeiner und geben ihr Bestes, dass traumatisierte Tiere wieder Vertrauen zu Menschen fassen können.

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In welchen Fällen brauchen Pferde rasche Hilfe?

Es gibt eine Reihe von Gründen, dass Pferde eine intensive Unterstützung beziehungsweise rasche Hilfe brauchen. Hier die wichtigsten:

  • Nicht artgerechte Haltung: Die deutsche Gesetzgebung zum Tierschutz sieht vor, dass jeder Tierhalter, egal, ob über einen längeren oder kürzen Zeitraum, ein Tier „seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen“ muss. Zusätzlich darf die „Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung“ nicht eingeschränkt werden. Der Gesetzgeber distanziert sich außerdem von vorsätzlicher Tierquälerei und untersagt im Tierschutzgesetzt das Zufügen von Schmerzen oder vermeidbaren Leiden ausdrücklich. Leider gibt es in Deutschland trotzdem eine Vielzahl von Pferden, die keine artgerechte Tierhaltung erfahren.
  • Unerwartete Notlage der Eigentümer, die folglich die Tiere nicht mehr ordentlich versorgen können: Die Unterhaltskosten für ein Pferd können sich auf mehrere Hundert Euro im Monat belaufen. Ein plötzlicher Jobverlust und damit zusammenhängende finanzielle Engpässe können da rasch dazu führen, dass ein Pferd nicht mehr länger adäquat versorgt werden kann. Aber auch Schicksalsschläge wie eine Erkrankung, eine Scheidung oder der Tod naher Angehöriger können ein Leben auf den Kopf stellen und zur Folge haben, dass Pferdebesitzer, die sich früher liebevoll um die Tiere gekümmert haben, nicht mehr in der Lage sind, dies zu tun.
  • Verletzungen oder Erkrankungen: Schwere Verletzungen wie gebrochene Gliedmaßen oder diverse Erkrankungen sind im Regelfall auf eine nicht artgerechte Haltung zurückzuführen. Kümmern sich Besitzer nicht – oder nach einem Schicksalsschlag nicht mehr – um die Pferde, können die Tiere stark abmagern oder chronische Erkrankungen des Verdauungstraktes, der Atemorgane oder des Bewegungsapparats entwickeln. In Extremfällen werden schwere Verletzungen wie Knochenbrüche nicht zeitnah vom Tierarzt behandelt. Verwahrloste, schlecht behandelte Pferde leiden aber auch psychisch, verlieren das Vertrauen zu Menschen und entwickeln eine extreme Schreckhaftigkeit.

Wie sieht eine artgerechte Pferdehaltung aus?

Vor allem geht es bei artgerechter Tierhaltung um die Thematik Fütterung. Pferde haben einen besonders empfindlichen Verdauungstrakt. Ihr Magen-Darm-Trakt arbeitet im Vergleich zu anderen Huftieren wenig effizient, weshalb die Tiere einen Großteil ihrer aktiven Zeit mit Nahrungsaufnahme verbringen. Aus diesem Grund ist es unbedingt notwendig, dass sie das optimale Futter bekommen. Ist dieses zu reichhaltig, können Krankheiten wie Hufrehe auftreten, ist es zu nährstoffarm, kommt es zu Mangelerscheinungen. Für die Gesundheit von Pferden ist es zudem wichtig, dass sie stets Zugang zu ausreichend frischem Wasser haben.

Pferde sind Fluchttiere, was bedeutet, dass Flucht im Falle von Gefahr ihre erste Option darstellt. Eine vertraute Umgebung im Paddock oder auf der Weide, die Gemeinschaft einer Herde und Menschen, die Souveränität und Ruhe ausstrahlen, geben ihnen Sicherheit. Andererseits sind die Tiere grundsätzlich neugierig und wollen sich mit ihrer Umwelt auseinandersetzen. Für das körperliche und seelische Wohlergehen der Vierbeiner ist es wichtig, dass sie ihren natürlichen Bewegungsdrang stillen können.

Ein Paddock oder die Möglichkeit zum Auslauf auf einer Weide sind ideal. Außerdem sollten Pferde, mit Bedacht auf ihre Fähigkeiten und ihrer Gesundheit, gefordert und aktiv gehalten werden. Zu einer artgerechten Haltung gehört auch die Rücksicht auf die sozialen Bedürfnissen der Tiere. Pferden sollen in Kontakt mit ihren Artgenossen kommen beziehungsweise sich mit diesen eine Weide, einen Paddock oder Stall teilen.

Faszination Pferd

Seit mehreren Jahrtausenden domestiziert der Mensch diese stolzen, schönen Tiere mit ihren langen, dünnen Beinen und dem, im Vergleich zum restlichen Körperbau, überproportionalen Kopf. Massigere Pferdearten wurden hauptsächlich zum Ziehen von Arbeitsgeräten oder Kutschen eingesetzt, die schlankeren Arten sind hingegen begehrte Reittiere. Die Beliebtheit von Pferden als Nutz- oder Reittier ist über die ganze Welt verbreitet und zahlreiche Völker wie beispielsweise die Indianer profitierten von ihrer Ausdauer, Stärke und ihrem liebenswerten Gemüt.

Als Fluchttiere sind Pferde scheu und ausdauernd, gleichzeitig zeichnen sie sich jedoch durch Neugierde und sichtbare Zuneigung, die sie vertrauten Menschen entgegenbringen, aus. Gerade diese Gegensätze zwischen kraftvollem, stolzem Galopp und behutsamer Annäherung machen einen Teil der Faszination aus, die von diesen prächtigen Huftieren ausgeht. Speziell für Mädchen im Teenager-Alter sind Pferde oft wahre Sehnsuchtstiere, viele träume von einem eigenen Pferd. Die meisten Pferdebesitzer kümmern sich hingebungsvoll um ihre Lieblinge, leider ist das jedoch nicht immer der Fall, Arbeit für SOS-Pferdehilfe gibt es genügend.

Was leistet SOS-Pferdehilfe konkret?

In Fällen von Verwahrlosung, Vernachlässigung, nicht artgerechter Haltung oder gar Misshandlung greifen die Mitarbeiter von SOS-Pferdehilfe ein und nehmen sich, gemeinsam mit einem eigens bestellten Amtsveterinär, dem Wohlergehen der Tiere an. Sie nehmen die Tiere in Obhut, bringen sie in einem neuen Stall unter, der meist von einem Tierschutzverein oder der SOS-Pferdehilfe betrieben wird und tun alles Erdenkliche, um die Pferde wieder aufzupäppeln. Bei Bedarf werden die Vierbeiner von einem Veterinärmediziner verarztet und umfassend versorgt.

pferdehilfe im notfall
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Zudem wird für eine artgerechte und individuell auf die spezifischen Vorerkrankungen angepasste Fütterung sowie eine ausreichende Frischwasserversorgung gesorgt und einer etwaigen Mangelernährung mit Spezialfutter entgegengewirkt. Weiters stehen regelmäßige Termine beim Hufschmied oder Barhufpfleger auf dem Programm. Gemeinsam mit einem ausreichenden Auslauf wird so sichergestellt, dass die Tiere ihrem natürlichen Bewegungsbedürfnis ohne Schmerzen nachkommen können. Die ehrenamtlichen Helfer kümmern sich nicht nur um die Stallarbeiten wie die Fütterung und das Misten der Boxen, sondern sorgen mit ihrem Einsatz auch dafür, dass die Tiere wieder ein ungestörtes Sozialverhalten entwickeln.

Unter anderem sorgen Spaziergänge am Halfter und Führstrick für extra Bewegung und den Aufbau einer vertrauens- und respektvollen Beziehung zu Menschen. Da die meisten Pferde nicht dauerhaft in der Obhut von SOS-Pferdehilfe bleiben, ist der letzte Punkt besonders wichtig.

Tierschutz und Medienkritik

Auch wenn viele Vereine und gemeinnützige Organisationen sich dem aktiven Tierschutz verschreiben, funktioniert das in der Praxis leider nicht immer. Wie bei den Pferdehaltern gibt es auch unter den Tierschutzvereinen und der Gemeinschaft von SOS-Pferdehilfe schwarze Schafe, was diesen Organisationen gelegentlich massive Medienkritik einbringt. Zu den Kritikpunkten gehören vor allem, dass Fördermittel und Spendengelder nicht immer den Tieren zu Gute kommen und nicht immer eine Verbesserung der Haltungsbedingungen erreicht wird.

Die Diskussion wird von allen Beteiligten höchst emotional geführt. Private Tierschützer, die beträchtliche Geldsummen spenden oder ehrenamtlich mitarbeiten, sind wütend und in ihrem Vertrauen enttäuscht, wenn die geretteten Pferden auf einzelnen, vom Tierschutz betriebenen, Höfen keine artgerechte Haltung erfahren und beispielsweise unter mangelnder Stallhygiene leiden. Genauso aufgebracht reagieren auch die Pferdehalter, denen die Tiere, aus ihrer Sicht zu Unrecht, genommen worden. Oftmals beschimpfen oder verklagen sie dann die Tierschutzorganisationen, während engagierte Tierschützer ihrerseits gegen die Tierschützer Stellung beziehen, die ihre Pferde nicht artgerecht gehalten haben.

In jedem Fall muss eine artgerechte Haltung der Vierbeiner sowohl von Seiten der privaten als auch der geschäftlichen Halter sichergestellt sein. Auch Tierschutzvereine haben die Pflicht, die bestmögliche Versorgung der Pferde zu garantieren. An dieser Stelle sei aber gesagt, dass in Deutschland zahlreiche Helfer und Helferinnen des Tierschutzes mit ihrem enormen Engagement und Herzblut täglich dazu beitragen, dass Pferde aus schlimmen Notlagen gerettet werden.

Wie geht es im Anschluss an SOS-Pferdehilfe weiter?

SOS-Pferdehilfe ist nicht die letzte Station im Leben der Vierbeiner. Tierschutzvereine und SOS-Pferdehilfe verstehen sich, ähnlich einem Tierheim, als Zwischenquartier für die Pferde. Die Tiere sollen durch eine ihrer Art entsprechende Haltung und fachmännisches Aufpäppeln so rasch wie möglich wieder für das alltägliche Leben auf einem Pferdehof fit gemacht werden. Ziel ist es, durch gezielte Pflege die Gesundheit und psychische Verfassung des Tieres wieder soweit herzustellen, dass es an einen neuen, wohlmeinenden Besitzer weitervermittelt werden kann.

In Abhängigkeit von der Gesundheit des Pferdes, wird dieses im Anschluss durch die Betreuung von SOS-Pferdehilfe also wieder auf einem regulären Hof untergebracht. Dabei wird berücksichtig, ob das Tier noch geritten werden kann oder ob es im neuen Zuhause einfach seine verbleibenden Lebensjahre verbringen soll. Die SOS-Pferdehilfe Vereine achten darauf, dass das Tier in seiner neuen Bleibe genügend Auslauf und artgerechte Lebensbedingungen vorfindet. Neben einem sauberen Stall und gutem Futter ist dabei vor allem eine erfahrende Hand gefragt, die weiß, wie man mit Tieren, die Einiges durchgemacht haben, umgeht.